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Henry Keazor im Interview Gefälschte Picasso-Druckgrafiken im Kunsthandel entdeckt

Henry Keazor spricht in einem Interview mit der Journalistin Adrienne Braun über gefälschte Picasso-Druckgrafiken, die unter anderem in einem Stuttgarter Auktionshaus gelandet waren. Der Fall reicht weit über den in Rom verhafteten Täter hinaus – Keazor vermutet ein internationales Netzwerk und, dass die Fälschungen in einer höheren Auflage hergestellt und vertrieben wurden. Raffiniert war ihm zufolge die Wahl der Fälscher: Einzelblätter aus der „Suite Vollard“, einer zwischen 1930 und 1937 entstandenen, sehr bekannten Serie Picassos, bei der der Verbleib der z.T. isoliert vertriebenen Radierungen schwer vollständig zu erfassen ist. Die Fälschungen wurden zudem aufwendig hergestellt: Anstelle einfacher Kopien fertigte man zur Herstellung die Druckplatten nach, sogar Wasserzeichen und Ausfuhrbescheinigungen wurden gefälscht. Nur die künstliche Alterung der so hergestellten Drucke mittels Kaffee und Tee fiel dann eher simpel aus.

Fälscherwerkstatt in Rom, aus der die gefälschten Picasso-Grafiken stammen, 2025

Da originale Druckgrafiken meist in größerer Stückzahl hergestellt werden, fällt ein zusätzliches Blatt kaum auf – im Gegensatz zu einem gefälschten Ölgemälde, das zudem mehr Aufwand in der Herstellung erfordert. Dass Auktionshäuser – trotz vorangegangener Warnungen der italienischen Polizei – auf solche Fälschungen hereinfallen konnten, erklärt Keazor zum einen mit der Raffinesse der Fälscher, zum anderen aber auch mit Nachlässigkeit und Profitinteresse. Generell ist bei Fälschungen eine gewisse Hybris bei Gutachtenden problematisch, gerade wenn Fälscher gezielt deren Erwartungen kennen und gezielt bedienen. Eine stärkere Zusammenarbeit unter Experten könnte helfen, solche Fälle zu verhindern. Im Studium wird das Thema „Fälschung“ noch zu wenig behandelt, obwohl es große didaktische Potenziale birgt. Keazor engagiert sich hier mir der 2021 an der Universität Heidelberg gegründeten Lehrsammlung HeFäStuS. Kunstfälscher wie Beltracchi sieht er kritisch – gerade angesichts ihrer öffentlichen Beliebtheit, die oft aus einem Gefühl der Genugtuung gegenüber dem Kunstbetrieb resultiert. Der Fall um die gefälschten Picassos wird laut Keazor noch größere Kreise ziehen. Die Auswertung der entdeckten Fälscherwerkstatt in Rom könnte neue Erkenntnisse bringen – und vielleicht sogar ein Exemplar für die Heidelberger Sammlung liefern.

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