Die Erfahrung des Riesenhaften in der spätmittelalterlichen Kunst

  • Donnerstag, 13. November 2025, 18:15 - 20:15 Uhr
  • IEK · R.001 · Seminarstraße 4 · 69117 Heidelberg
    • Prof. Assaf Pinkus, Universität Wien

Die visuelle Landschaft nördlich der Alpen war um das Jahr 1400 von Kolossaldarstellungen mythischer Riesengestalten geprägt. Mit einer Größe zwischen vier und zwölf Metern und so angebracht, dass ihre wahren Dimensionen nicht sicher zu erkennen waren, gingen all diese Riesengestalten weit über alles hinaus, was in der somatischen Erfahrung ihrer Betrachter gespeichert sein konnte. In dieser Vorlesung versuche ich, der spätmittelalterlichen Erfahrung des Gigantischen nachzugehen. Ich möchte postulieren, dass die Figuren nicht so sehr spezifische Protagonisten aus bestimmten Texten darstellen, als vielmehr die Vorstellung des »Riesenhaften« verkörpern. Durch ihre enorme Größe vermittelten sie Vorstellungen vom Exzessiven – sie sind sowohl physisch als auch ethisch verachtenswert, zugleich aber auf ihre Art grandios. Weiterhin werde ich die These vertreten, dass die maßstäblich vergrößerten, gewissermaßen aufgeblasenen Figuren ein entscheidendes Element bei der Herausbildung der Kunst- und Selbsterfahrung der Zeit darstellten – ein Phänomen, das ich als Scaling Turn bezeichne.

Die drei größten Riesinnen, Schloss Runkelstein, Sommerhaus, 1395–1413 (Foto: Stiftung Bozner Schlösser / Fondazione Castelli di Bolzano).
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    Institut für Europäische Kunstgeschichte
    Graimberg-Raum R.001
    Seminarstraße 4
    69117 Heidelberg

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